positives Nein

Sie dachten bisher, JA heißt einfach JA und NEIN heißt einfach NEIN? Erfahren Sie mehr über die Wirkweisen von Ja und Nein und wie Sie ein positives Nein formulieren.

Immer dann, wenn Wünsche zweier Personen zu weit auseinander liegen, wird es mit dem Ja oder Nein schwieriger. Denn: wie auch immer Sie sich entscheiden – Sie entscheiden sich für oder gegen sich selbst und für oder gegen Wunsch/Bitte/Anliegen einer anderen Person. Beide Varianten sind ungünstig. Wie können wir dennoch eine konstruktive Lösung erreichen? Und warum ist sie so wichtig?

Welches ist z.B. die beste Antwort, wenn Sie als Führungskraft von Ihrem Vorgesetzten die Bitte erhalten, während Ihrer geplanten Sommerferien für wichtige Dinge ins Büro zu kommen?

Ein „JA“: eine Wahl, bei der Sie Ihre eigenen Bedürfnisse -nach Urlaub, Erholung und Zeit mit der Familie- vernachlässigen.

Ein „NEIN“: eine Wahl, bei der Sie ein Übereinkommen verhindern und die Beziehung zerstören.

Oder im privaten Bereich, wenn z.B. ein Freund/Freundin Sie aufgrund eines Konfliktes um ein persönliches Treffen zur Klärung bittet und dies für Sie nicht möglich ist.

JA ohne NEIN verhindert das Leben der eigenen Bedürfnisse, NEIN ohne JA zerstört die Beziehung zu anderen. JA ist das Wort für Verbundenheit, Einlassen und Frieden. NEIN ist das Wort für Individualität, Schutz und Rechthaben.

Allzu oft können wir uns nicht dazu überwinden, NEIN zu sagen, obwohl wir es wollen und auch wissen, dass wir es tun sollten. Oder aber wir sagen NEIN und tun es auf eine Weise, die unsere Beziehung zum Gegenüber zerstört. Die Kunst ist, RICHTIG NEIN zu sagen.

Der perfekte Weg aus diesem Dilemma ist ein POSITIVES NEIN. Im Gegensatz zu einem gewöhnlichen NEIN beginnt ein POSITIVES NEIN mit einem JA und endet mit einem JA.

Kurz: ein POSITIVES NEIN ist ein JA-NEIN-JA.

JA: Das erste JA heißt zunächst, ja zu sagen zu sich selbst und den eigenen tiefen Bedürfnissen und Werten.

NEIN: Das NEIN drückt eine klare Grenze aus. In unseren Beispielen: „Meine Familie braucht mich und ich brauche Erholung und darum werde ich im Sommerurlaub nicht arbeiten“. Oder: „Momentan ist es mir nicht möglich, Dich zu treffen“.

JA: Gleichzeitig endet dieser Dialog mit einem Vorschlag, dem letzten JA, welches unsere Beziehung zur anderen Person fördert: „Hier ist mein Vorschlag, wie wir die nötige Arbeit dennoch erledigen können“. Oder: „Ich benötige etwas Zeit und melde mich bei Dir, wenn es für mich passt, denn unsere Freundschaft ist mir wichtig“.

Der Schlüssel ist Respekt – für sich selbst UND für den anderen. Ein Positives Nein vereint die zwei wichtigsten Wörter unserer Sprache: JA und NEIN. Am Ende steht immer die gemeinsame Lösung.

Darin liegt die große Kunst, beides zu integrieren. Es ist ein Geschenk. Das Geheimnis, sowohl für sich selbst einzustehen und für die eigenen Bedürfnisse und gleichzeitig wertvolle Beziehungen zu schaffen und zu fördern. Die Art, wie wir NEIN sagen, mag manchmal klein erscheinen, doch im Laufe der Zeit gibt es einen großen Unterschied für unser Leben, für das Leben der Menschen um uns herum und für die Welt, in der wir leben. Ein positives Nein bringt uns anderen näher, in eine authentische Beziehung. Ohne dies wird immer unausgesprochenes zwischen uns liegen.

Stellen Sie sich für einen Moment eine Welt vor, in der das positive Nein die Norm ist, nicht die Ausnahme. Wenn alle Staatsoberhäupter und Nationen wüssten, wie es gelingt, konstruktive Lösungen zu erreichen, im Beruf und im Privaten…

Kein Zweifel: ein positives Nein erfordert Mut, Vision, Empathie, Standhaftigkeit und Geduld. Alte Muster zu ändern, braucht Übung. Glücklicherweise erhalten wir täglich viele Möglichkeiten dazu. Betrachten Sie es als Übung, den „Positiven-Nein-Muskel“ aufzubauen, der stärker und stärker wird. Reden hilft. Immer. Ich wünsche Ihnen Erfolg. Erfolg, der nur dann gelingen kann, wenn Sie sich selbst gegenüber ehrlich sind und andere respektvoll behandeln.

Interpretation aus: Getting to Yes (William L. Ury, Roger Fisher)